Fast 99 Jahre Alteburgturm in Arnstadt
a hat Euch Frank durch die Veröffentlichung seiner gelungenen Fotos vom Alteburgturm in der TLZ Nr. 43 bis 45 optisch bereits auf dieses Thema vorbereitet. Ich versuche, es historisch zu erläutern. Also dann...

Der Alteburgturm steht auf einem Muschelkalk- Plateau in etwa 440 Meter über dem Meeresspiegel. Von hier aus hat man einen exzellenten Blick über die Ebene in Richtung Erfurt. Erfurt war früher Freie Reichsstadt, bedeutendster urbaner Mittelpunkt Thüringens, und ist heute Hauptstadt des Freistaates Thüringen.

Anstelle des Alteburgturmes hatten die Altvorderen 1445 hier und auf dem Pfennigsberg, in Richtung Holzhausen gelegen, Warttürme errichten lassen
(I).

Der Spitalmeister transportierte Baumaterial für die Warten auf Alteburg und Pfennigsberg. - Siehe Anmerkung (I)
Der Spitalmeister transportierte Baumaterial für die Warten auf Alteburg und Pfennigsberg. Siehe Anmerkung (I)

Sie entstanden wohl im Zusammenhang mit den Ereignissen um den Sächsischen Bruderkrieg bzw. dem damit einhergehenden sogenannten Schwarzburgischen Hauskrieg um das Erbe der erloschenen Linie Schwarzburg- Wachsenburg. Das Arnstädter Gebiet gehörte zu den schwarzburgischen Besitzungen. Seine Bewohner hatten während dieser kriegerischen Auseinandersetzungen großes Elend zu erleiden. Auch der Neubau der Warte auf der Alteburg 1455, nunmehr ausgeführt als massiver, mit Ziegeln gedeckter Steinbau (II) ist im Zusammenhang mit diesen kriegerischen Ereignissen zu sehen.

Aus der Fotoreihe: Turm der Alteburg zu Arnstadt
Johannes Bühring hatte in seinem 1896 erschienenen Beitrag (III) noch andere Belege für das Vorhandensein des Wartturmes auf der Alteburg genannt. So war nach dem Saal- und Lehnbuch von 1572 der schwarzburgische Oberhauptmann und Rat Christoph von Entzenberg (der 1585 in Dornheim in der berühmten Traukirche von Johann Sebastian Bach begraben wurde und dessen Grab ein wunderbares Epitaph ziert) mit einem Weinberg am Johnsberge (Jonasberg) "(...) unter dem Alteburgturme (...)" belehnt. Ob der niedrige, runde Turm als Hintergrund- Staffage auf dem Kupferstich des Pius Rösel von Rosenhof von Anfang des 18. Jh. unsere Warte ist, wage ich mittlerweile zu bezweifeln. Denn das kreisrunde Brunnenhaus auf St. Walpurgis müßte nach den Befunden im 17./ 18. Jh. noch existiert haben, ohne dies hier im Detail näher erläutern zu können. Jedenfalls meine ich, die Zuverlässigkeit des Künstlers vorrausgesetzt, daß dieser auf dem Berg jenseits der Alteburg den Rundturm als Brunnenhaus auf St. Walpurgis und nicht den Wartturm auf der Alteburg dargestellt hat.
Aus der Fotoreihe: Turm der Alteburg zu Arnstadt Sicher ist jedoch, daß auf der Alteburg Mitte des 18. Jh. nur noch "(...) der Füllmund eines runden Turmes (...)" (IV) vorhanden war.
In den Jahren 1787 bis 1789 ließ der Kaufmann Balthasar Ludwig die obere Spitze der Alteburg urbar machen, "(...) indem der 3 te Theil davon noch felsigt und Steine in großer Menge darauf lagen die abgelesen wurden und wo Felsigte Flecken ließ er die Steine heraus arbeiten hernach an einigen Orten Wein, den mehresten Theil aber mit Bäumen anpflanzen auch oben darüber Buschwerk anlegen (...)"
(V). Zu diesem Zeitpunkt verschwanden sicher auch die letzten Reste der Warte.

Der Wert der Stelle als Beobachtungsposten bestand trotzdem fort. In napoleonischer Zeit war wegen der Freischarenüberfälle in der Umgegend hier oben ein ständiger französischer Wachposten aufgestellt
(VI).
Vor 1842 ließ der Landkammerrat Schierholz hier oben "(...) in die Runde (...)" (VII) Pappeln anpflanzen, die in den folgenden Jahrzehnten zu einem neuen Wahrzeichen der Stadt, dem Pappelkreis, emporgewachsen waren.

Bei einem Treffen in "Fabers Restaurant" (später Chema- Kulturhaus, Lindenallee 5) am 22. August 1895 faßten wohlhabende Bürger von Arnstadt den Entschluß zum Bau eines Gedenkturmes auf der Alteburg. Am 28. August gleichen Jahres konstituierte sich dann der sogenannte "Alteburgturm- Bauverein". Er war ein bürgerlicher Verein dem überwiegend Fabrikbesitzer, Handwerksmeister, Fuhrunternehmer, Lehrer, Händler und Kaufleute angehörten. Um Geld für das Bauvorhaben zu bekommen, wurden zahlreiche Veranstaltungen und Geldsammlungen durchgeführt. So u. a. auch ein "Großer Bazar (Basar)" in den Sälen des "Kurhauses" (heute "Lindeneck", Alexisweg 2)
(VIII).
Das Projekt für den Turm stammte vom Regierungsbaumeister Prof. Hugo Hartung in Berlin- Charlottenburg. Die Grundsteinlegung erfolgte am 22. März 1887. Mit dem Bau selbst konnte man wegen Geldmangels jedoch erst im Frühjahr 1902 beginnen.

Der Turm entstand als Denkmalturm zur Erinnerung an Kaiser Wilhelm I. und an den Deutsch- Französischen Krieg 1870/71, in dessen Folge das Deutsche Reich gebildet wurde. Man nannte ihn "Kaiserturm", von denen es damals in Deutschland zahlreiche gab. Am Fuße des Turmes standen zwei Beutekanonen aus dem Deutsch- Französischen Krieg
(IX), die nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden. Heute heißt er einfach "Alteburgturm".

Mit einem Festumzug vom Markt zum Turm beging man am 10. August 1902 die feierliche Einweihung. Neben dem Turm errichtete man in den Jahren 1904/05 noch ein Wächterhaus und gestattete dem jeweiligen Pächter auch den Ausschank von Getränken an die Turmbesucher.
Aus der Fotoreihe: Turm der Alteburg zu Arnstadt
Nach der Auflösung des Vereins übernahm die Stadt Arnstadt beide Objekte. Unter ihrer Regie entstand nach Abbruch des alten Wächterhauses 1937 das Gebäude der heutigen Gaststätte, die sich bei Arnstädtern und Gästen großer Beliebtheit erfreute und für die gegenwärtig ein neuer Eigentümer gesucht wird.

Der Turm erfährt derzeit eine umfassende Sanierung. Dabei werden u. a. ca. 3,5 km Fugen sowie das Dach erneuert
(X). So kann man spätestens zum 100. Geburtstag des Alteburgturmes im August 2002 von der in 20 Meter Höhe befindlichen Plattform wieder den herrlichen Rundblick über Arnstadt und Umgebung genießen.

Peter Unger (Archivar)
Kontakt:  Peter Unger
WEB: www.wapuklo.de
________________________________________
(I) Kreisarchiv Arnstadt, Bestand Stadt Arnstadt, Sig. 931- 20, Stadtrechnung Arnstadt 1445, Bl. 180.
(II) A.a.O., Stadtrechnung Arnstadt 1455, Bl. 26.
(III) Bühring, J.: Hat der Alteburgthurm Vorläufer gehabt? In: Arnstädtisches Nachrichts- und Intelligenzblatt, 128 Jg., Nr. 81 v. 5. April 1896.
(IV) Ebenda.
(V) Bachstein, Joh. Gottlieb: Arnstadt von 1763 bis 1792 (Tagebuch, veröffentl. v. Fritz Wiegand). In: Alt- Arnstadt, H. 11. Arnstadt 1936, S. 57.
(VI) Vgl. Anm. 3.
(VII) Hatham, A. H. A.: Arnstadt (...) Ein Hand- und Addressbuch. Sondershausen o. J. (1842), S. 392.
(VIII) Vgl. Kreisarchiv Arnstadt, Bestand Bibliothek/ Sammlungen, Alteburgturm- Bauverein 1895- 1906. Sig. 2- 259- 02- 1.
(IX) Lappe, U., P. Unger: Arnstadt wie es früher war. Gudensberg- Gleichen 1992, S. 13.
(X) Dem städt. Hochbauamt, Herrn Peter Tischer, danke ich für die Auskünfte.
Repro 'Stadtrechnung' und Fotos 'Turm innen': Tuckerland
Repro 'Turm mit Beutekanonen': Reinhard Pahl
Weitere Bilder vom 'Turm innen' von
den Titelseiten der TLZ's No. 43-45:
(Klicke einfach auf den Link um das Bild zu sehen!)
Bild 01 Bild 02 Bild 03 Bild 04 Bild 05 Bild 06 Bild 07 Bild 08
Bild 09 Bild 10 Bild 11 Bild 12 Bild 13 Bild 14 Bild 15 Bild 16


Der oben stehehende Beitrag wurde übernommen aus der No. 45 der
Klicke hier, wenn Du mehr über die TuckerLandZeitung erfahren möchtest!
Diese Web-Page entstand in Zusammenarbeit mit Tuckerland Adventures

(Zurück zur WEB-Site Peter Unger Arnstadt)