Knecht Ruprecht Anno 1715
ie Gestalt des heutigen Weihnachtsmannes war in der Vergangenheit von großer Bedeutung für die Kindererziehung. Sie galt entsprechend den Vorstellungen der Eltern als furchteinflößend für die ungezogenen und als freundlicher Beschenker für die artigen Kinder.

Erwähnenswert ist, daß die heute als Weihnachtsmann bekannte Figur damals meist als Knecht Ruprecht bezeichnet wurde und mit dem Heiligen Christ oftmals gemeinsam auftrat. Beide Figuren galten früher als verpönt, wenn nicht gar als verboten, da die Obrigkeit darin eines Personifizierung Gottes sah, was der christlichen Glaubenslehre entgegenstand. Trotzdem stellte man Knecht Ruprecht und Heiligen Christ bei Weihnachtsspielen oder heimlichen abendlichen Umzügen entsprechend verkleidet dar.

Gegen derartige volkstümliche Vorstellungen wandte sich der Gelehrte und spätere Pfarrer in Dornheim bei Arnstadt, J. G. Gregorii (1685- 1770; Pseudonym "Melissantes") in einem 1715 erschienen Buch. Hierin gab er, neben anderem, auch Ratschläge "... in der vernünfftigen Kinderzucht"(!).
Einige Auszüge daraus vermitteln interessante Einblicke in Denk- und Verhaltensweisen in Verbindung mit dem Weihnachtsfest in unserem Gebiet vor fast 300 Jahren. "Melissantes" schrieb u. a.: "Die Furcht ist ein abscheulicher Affect .../ und stürtzt die Menschen in lauter Unruhe. (Sie) halten aber viele Eltern ... vor was nützliches/ und pflegen selbige in der Kinderzucht als ein Mittel zu gebrauchen/ daß sie ihre Kinder mit dem Knecht Ruprecht/ Popantz/ schwarzen Mann/ ... schröcken und fürchtend machen/ ... Eine solche schaurige Einbildung öffnet dem Satan Thor und Thür ... viel Kinder (werden) zur Abgötterey verleitet/ indem sie den verlarvten Menschen ... anbethen/ und sich hernach die Gedancken machen/ Gott im Himmel habe würcklich eine solche Gestalt mit Bändern/ Leinwand und einem Flachs = oder Wollinen = Bart (Knecht Ruprecht). Da machen manche alte Narren den Kindern weiß/ der Heilige Christ steige auff einer höltzernen Leiter ... (mit) dem Knecht Ruprecht auff und ab/ und höre zu/ ob die Kinder fromm wären. Der heilige Christ habe lauter Marzipan/ Pfeffer = Kuchen/ Zucker und Rosinen. Hierdurch kommen die Kinder auff die irrige Gedancken/ das Himmelreich bestehe auch in Essen und Trincken ... und werden von der seeligmachenden Erkänntniß Christi ziemlich abgeführet ... Hat man nicht Exempel/ daß man sterbende Kinder auf ihrem Todt = Bette gefraget: Liebes Kind/ wilt (willst) du gerne in den Himmel ... sie geantwortet haben: Nein/ denn der Knecht Ruprecht ist im Himmel. Was vor Mühe und Angst hat man hernach nicht/ solchen zarten Kindern ihren Wahn zu benehmen ...?"

Peter Unger (Archivar)
Kontakt:  Peter Unger
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Anmerkungen: Gregorii, J. G.: Curieuser Affecten- Spiegel/ Oder auserlesene Cautelen und sonderbahre Maximen, Die Gemüther der Menschen zu erforschen und sich darnach vorsichtig und behutsam aufzuführen .... Frankfurt und Leipzig, 1715, S. 627 ff.
Foto: Tuckerland

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